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AGVO Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung

1. AGVO-Definition: Was ist das?

Grundsätzlich sind Subventionen in der EU, die in den Mitgliedsstaaten erlassen werden, unzulässig. Das regelt der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Hintergrund ist, dass Subventionen den Markt verzerren und Wettbewerb verfälschen.

 

Dass Subventionen grundsätzlich unzulässig sind, mag auf den ersten Blick ironisch klingen, weil es tausende Förderprogramme gibt und oftmals beklagt wird, wie undurchsichtig und vielfältig der “Förderdschungel” für Unternehmen ist.

 

Wie so oft gibt es Ausnahmen von der Regel, dass Subventionen unzulässig sind. Und diese kommen nicht zu kurz.

 

Damit ein Mitgliedsstaat der EU eine solche “Ausnahme” in Form einer Beihilfe umsetzen darf, müsste er laut o.g. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union die EU-Kommission rechtzeitig vor Einführung oder Umgestaltung der Beihilfe informieren.

 

Die Kommission müsste diese Beihilfe dann prüfen und sich dazu äußern. Kommt die EU-Kommission zur Einschätzung, dass die Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, da sie zum Beispiel zu stark wettbewerbsverzerrend wirkt, darf die Maßnahme nicht umgesetzt werden.

 

Dieses Verfahren würde sehr viel administrativen Aufwand produzieren, wenn jede Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen durch einen Mitgliedsstaat angemeldet werden müsste bei der EU-Kommission.

 

Um den Verwaltungsaufwand zu minimieren und die Umsetzung von gewünschten Beihilfen in der EU zu vereinfachen, darf die EU-Kommission Arten bzw. Gruppen von staatlichen Beihilfen definieren, die von dieser Anmeldepflicht bei der EU-Kommission freigestellt sind.

 

Hier kommt die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung ins Spiel. Allgemein und Gruppen, da die AGVO verschiedene Arten von Beihilfen (z.B. Zuschüsse, Kredite), sowie verschiedene Zielgruppen und Themen (festgelegt in den einzelnen Artikeln der AGVO) betrifft und Freistellung, da diese nicht bei der Kommission angemeldet werden müssen, sondern mit dem Binnenmarkt als vereinbar gelten.

 

Die AGVO ist ein gemeinsamer Rechtsrahmen in der EU für mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen, die von einer vereinfachten Vergabe profiteren.

2. Aufbau & Inhalt der AGVO

In insgesamt 59 Artikeln exklusive Anhänge wird die AGVO spezifiziert. Aufgrund der Vielfalt der einzelnen Themen wird dieses Kapitel nur eine Vogelperspektive auf und Auszüge aus der AGVO geben. Das vollständige Dokument zur AGVO in deutscher Version ist verlinkt.

 

Die AGVO gilt thematisch für folgende Gruppen von Beihilfen:

 

a) Abschnitt 1 Regionalbeihilfen

 

b) Abschnitt 2 und 3 Beihilfen für KMU in Form von Investitionsbeihilfen, Betriebsbeihilfen und Beihilfen zur Erschließung von KMU-Finanzierungen

 

c) Abschnitt 7  Umweltschutzbeihilfen

 

d) Abschnitt 4 Beihilfen für Forschung und Entwicklung und Innovation

 

e) Ausbildungsbeihilfen

 

f) Einstellungs- und Beschäftigungsbeihilfen für benachteiligte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer mit Behinderungen

 

g) Beihilfen zur Bewältigung bestimmter Naturkatastrophen

 

h) Sozialbeihilfen für die Beförderung von Einwohnern entlegener Gebiete

 

i) Beihilfen für Breitbandinfrastrukturen

 

j) Beihilfen für Kultur und die Erhaltung des kulturellen Erbes

 

k) Beihilfen für Sportinfrastrukturen und multifunktionalen Freizeitinfrastrukturen

 

l) Beihilfen für lokale Infrastrukturen

 

Die für Unternehmen relevantesten Beihilfen im Rahmen der AGVO betreffen die Punkte a), b), c) und d), daher fett oben markiert. Abschnitte bezieht sich auf das Inhaltsverzeichnis der AGVO, damit Sie die Textpassage in Kapitel 3 besser finden, insofern Sie nachlesen möchten.

 

Innerhalb einer Beihilfengruppe können mehrere Artikel die beihilfenfähigen Kosten, auch zuwendungsfähige Kosten genannt, sowie die maxiale Beihilfeintensität regeln. Die Beihilfeintensität definiert das Verhältnis von beihilfefähigen Kosten zur Höhe der Beihilfe.

 

Betragen die beihilfefähigen Kosten z.B. eine Million EUR und die Höhe der Beihilfe beträgt entweder als Subventionswert im Fall von Zuschüssen oder Bruttosubventionsäquivalent im Fall von Krediten 200.000 EUR, so beträgt die Beihilfeintensität 20 %. Klassischerweise liegen die Beihilfehöchstintensitäten für Unternehmen zwischen 10 bis 50 %.

 

Sollten für ein Vorhaben AGVO-Beihilfen z.B. mit De-minimis-Beihilfen kombiniert werden, so werden die De-minimis-Beihilfen zur Berechnung und Einhaltung der Beihilfehöchstintensität vollständig einbezogen.

 

Der Artikel 4 der AGVO definiert die Anmeldeschwellen in Bezug auf beihilfefähige Kosten, bei deren Überschreitung die EU-Kommission benachrichtigt werden muss.

 

Im Fall von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beträgt die Anmeldeschwelle für Investitionsbeihilfen pro Investitionsvorhaben 7,5 Mio. EUR.

 

Für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben liegen diese Schwellen pro Vorhaben für die Grundlagenforschung bei 40 Mio. EUR, für die industrielle Forschung bei 20 Mio. EUR und für die experiementelle Entwicklung bei 15 Mio. EUR.

 

Auch die Schwellenwerte für andere Vorhaben liegen in der Regel im Multi-Millionen-Bereich.

 

Die AGVO gelten nicht für Unternehmen in Schwierigkeiten. Die EU-Definition eines Unternehmens in Schwierigkeiten lässt sich in einem separaten Beitrag nachlesen.

3. Abgrenzung AGVO, De-minimis, Kleinbeihilfen

Zu den De-minimis-Beihilfen wurde ein separater Beitrag geschrieben, der das Thema deutlich umfangreicher behandelt als dieses Kapitel.

 

In Kürze: De-minimis-Beihilfen werden bis zu einem Subventionswert von 200.000 EUR gewährt. Dieser Wert muss rollierend innerhalb des aktuellen und der vorangegangenen Kalenderjahr kumulativ eingehalten werden.

 

Beispiel: ein Unternehmen hat folgende Zuschüssbeträge erhalten:

 

  • 2019 – 60.000 EUR
  • 2020 – 50.000 EUR
  • 2021 – 30.000 EUR

 

Das ergibt addiert 140.000 EUR Subventionswert. Denken wir das Beispiel weiter, so könnten in 2022 noch 120.000 EUR Zuschuss ausgeschöpft werden, da 2020 und 2021 in Summe 80.000 EUR Zuschuss gewährt wurden. In 2022 wird 2019 nicht mehr berücksichtigt, da nur das aktuelle Kalenderjahr und die 2 vorangegangenen berücksichtigt werden.

 

Aufgrund der geringen Höhe von 200.000 EUR innerhalb eines 2 bis 3 Jahreszeitraums können De-minimis-Beihilfen in Abgrenzung zu AGVO für Themen gewährt werden, die nicht explizit in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung enthalten sind. Die Höhe der Beihilfe wird als so gering angesehen, dass sie nicht signifikant wettbewerbsverfälschend wirkt und somit mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Typischerweise werden Beihilfen zur Förderung der Digitalisierung von Unternehmen als De-minimis-Beihilfe vergeben und nicht im Rahmen von AGVO.

 

AGVO-Beihilfen können Unternehmen mit deutlich mehr Fördervolumen ausstatten als De-minimis-Beihilfen. Während es bei AGVO gewisse Schwellenwerte (s. Kapitel 3) gibt, ab der die EU-Kommission benachrichtigt und das Einverständnis geben muss, sind die absoluten Förderbeträge einer Beihilfe nicht zwangsweise gedeckelt.

 

Die Überschreitung eines Schwellenwertes führt zwar dazu, dass die einzelne Maßnahme nicht mehr von AGVO erfasst wird, aber bei positivem Entscheid durch die EU-Kommission kann dennoch eine Förderung erfolgen.

 

Ein bekanntes, relativ aktuelles Beispiel für die Überschreitung eines solchen Schwellenwertes (mehr als 100 Mio. EUR im Rahmen der GRW-Förderung) durch Tesla in der Brandenburger Betriebsstätte, für die die EU-Kommission aktuell noch ihr OK geben muss.

 

Im Rahmen einer AGVO-Beihilfe können somit auch Millionenbeträge erwirkt werden für kleine und mittlere Unternehmen, ohne dass die Anmeldeschwelle überschritten wird.

 

Die Kleinbeihilfen sind neben AGVO und De-minimis eine weitere Gruppe von Beihilfen, für die ein separater Rechtsrahmen existiert. Dieser Rechtsrahmen wurde als politische Antwort zur Stützung der Wirtschaft im Zuge der Coronakrise konzipiert. Ein Unternehmen kann bis zu 1,8 Mio. EUR Zuschuss erhalten. Das Thema Kleinbeihilfen wird in einem zukünftigen Beitrag genauer erläutert.

 

Ob eine Förderung nach AGVO, De-minimis oder nach Kleinbeihilfen vergeben wird, kann nicht immer allein anhand des Namens eines Förderprogramms bestimmt werden. Teilweise vergeben Förderprogramme eine Beihilfe an verschiedene Antragsteller nach unterschiedlichen Rechtsrahmen und aus unterschiedlichen Töpfen.

 

Vor Antragstellung in einem Förderprogramm empfiehlt es sich zu bestimmen, nach welchem Rechtsrahmen die Beihilfe in Ihrem individuellen Fall ausgelegt wird, um ein effektives Fördermanagement als Unternehmen zu betreiben. So wäre es sinnvoll, wahlweise eine Beihilfe nach AGVO in Anspruch zu nehmen, insofern Sie das 200.000 EUR De-minimis-Kontingent für andere Förderungen einsetzen möchten.

Autorenprofil & Haftungsausschluss

Dieser Beitrag wurde von Alexander Thiem, Fördermittelberater und Geschäftsführer der DigitalCore Products & Consulting Limited, geschrieben.

 

Die vorstehende Information ersetzt keine professionelle Beratung oder Betreuung und stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Es kann insbesondere eine Anpassung für den Einzelfall oder aufgrund anderer Umstände, z.B. wegen inzwischen geänderter Rahmenbedingungen notwendig sein. Eine Verwendung der Informationen geschieht auf eigene Verantwortung des Nutzers. Gerne stehen wir Ihnen für eine professionelle Beratung bei Bedarf zur Seite.

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