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EU-Definition Unternehmen in Schwierigkeiten

1. Überblick

Unternehmen in Schwierigkeiten sind von einer Zuwendung nach De-minimis oder AGVO grundsätzlich ausgeschlossen. Die Eigenschaft, dass der Antragsteller kein Unternehmen in Schwierigkeiten zum Zeitpunkt der Antragstellung ist, muss regelmäßig in Förderanträgen bestätigt werden und ist subventionserheblich.

 

Auch während eines Förderprojekts muss im Durchführungszeitraum im Rahmen der Mitteilungspflichten des begünstigten Unternehmens der Förderstelle offen gelegt werden, wenn eine der Zuwendungsvoraussetzungen nicht mehr eingehalten ist. Das bedeutet: Fallen Sie nach Bewilligung der Förderung, aber vor der letzten Auszahlung des Zuschusses in die EU-Definition des Unternehmens in Schwierigkeiten fallen, müssen Sie mit der Rückzahlung der Förderung einschließlich Zinsen sowie der Übernahme der Kosten für das Verwaltungsverfahren rechnen. Da Unternehmen in Schwierigkeiten meist die finanziellen Rücklagen nicht haben, um diese Kosten zu begleichen, ist ggf. mit einer Anklage auf Subventionsbetrug durch die Förderstelle zu rechnen. Die Anklage steht auch im Raum, wenn Sie den Mitteilungspflichten nicht nachkommen und den Umstand in Schwierigkeiten geraten zu sein verschweigen.

 

Die Bestimmung, ob und wann ein Antragsteller als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft wird, ist nicht so einfach wie auf den ersten Blick vermutet werden könnte. Die EU-Definition weist relativ klare Kriterien auf, welche Teil des nächsten Kapitels sind. Viele Förderstellen lehnen sich an diesen Begriff an, teilweise weichen Förderstellen beim Begriff Unternehmen in Schwierigkeiten jedoch ab, wie im Kapitel [BAFA UiS] gezeigt wird.

2. EU-Definition von Unternehmen in Schwierigkeiten

Die Kriterien zur Bestimmung eines Unternehmens in Schwierigkeiten unterscheiden sich maßgeblich durch folgende Faktoren: Status als Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft, Großunternehmen oder KMU nach EU-Definition.

 

Eine Unterteilung innerhalb einer Kapital- oder Personengesellschaft z.B. als Einzelunternehmen, GmbH, GmbH & Co. KG oder KG etc. ist nicht zwingend notwendig.

 

Die Definition eines Unternehmens in Schwierigkeiten der Europäischen Kommission (Quelle in deutscher Version) lautet wie folgt:

 

a) Im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Kapitalgesellschaften): Mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals (umfasst ggf. alle Agios) ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verluste von den Rücklagen (und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden) ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht.

 

b)  Im Falle von Gesellschaften, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften: Mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen.

 

c) Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger.

 

d) Bei einem Unternehmen, das kein KMU ist, lag in den vergangenen beiden Jahren:

 

  1. der buchwertbasierte Verschuldungsgrad über 7,5 und
  2. das Verhältnis des EBITA zu den Zinsaufwendungen unter 1,0 lag

 

Der negative kumulierte Betrag bzw. die aufgelaufenen Verluste werden nach den geltenden steuerrechtlichen Vorschriften ermittelt. Zur Berechnung des Verlusts und ob der Status Unternehmen in Schwierigkeiten erteilt wird, werden nur Posten angesetzt, die auch in der G+V oder der EÜR enthalten sind. Privatentnahmen und Unternehmerlohn bleiben unberücksichtigt. Das Gehalt eines angestellten Geschäftsführers kann angesetzt werden.

 

Der Begriff der Eigenmittel für Unternehmen in Schwierigkeiten löst in der Praxis häufiger im Fall der Personengesellschaften Fragezeichen aus. Grundsätzlich sind mit Eigenmittel das haftende Eigenkapital des Unternehmens sowie Drittrangmittel, z.B. eigenkapitalersetzende Mittel, gemeint.

 

Es gibt unterschiedliche Ansichten, was die eigenkapitalersetzenden Mittel umfasst. Eine aktuelle Debatte wurde von ECOVIS angestoßen als Antwort auf eine Position der KfW, die Nachrangdarlehen (z.B. Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktritt) in Übereinstimmung mit der EU-Kommission als nicht eigenkapitalersetzend ansieht. Der Link zum Beitrag hier.

 

Der einfachste, schnellste und empfehlenswerteste Weg für die allermeisten Unternehmen zur Bestimmung des Status’ Unternehmen in Schwierigkeiten ist eine Anfrage an den Steuerberater zu stellen. Dieser kennt die betrieblichen Zahlen und muss diese nur noch mit den o.g. Kriterien der EU zu Unternehmen in Schwierigkeiten, am ehesten a) oder b), abgleichen.

 

Insofern Sie eine Förderung beantragen und die Zuwendung erhalten, sollten Sie Ihren Steuerberater auch darum bitten, dass dieser Ihnen unmittelbar mitteilt, wenn Sie nach o.g. Definition zukünftig als Unternehmen in Schwierigkeiten zählen zum Zwecke der Einhaltung Ihrer Mitteilungspflichten gegenüber der Förderstelle.

 

Von einer eigenständigen Berechnung für Unternehmen in Schwierigkeiten durch den Laien nach steuerrechtlichen Vorschriften ist aus Sicht des Autors abzuraten. Wenden Sie sich diesbezüglich bevorzugt an Ihren Steuerberater.

3. Start-Ups als Unternehmen in Schwierigkeiten

Es ist offensichtlich, dass Start-Ups in der Anfangszeit auch Verluste schreiben. Die EU-Definition von Unternehmen in Schwierigkeiten sieht innerhalb der ersten 3 Jahre nach Gründung nicht die Erfüllung dieses Status’ vor. Abweichend davon können Start-Ups auch als Unternehmen in Schwierigkeiten gelten, wie im Fall der BAFA-Beratungsförderung (s. nächstes Kapitel).

4. BAFA Unternehmen in Schwierigkeiten abweichend von EU-Definition

Sie können bei der Beantragung von Fördermitteln grundsätzlich davon ausgehen, dass der Begriff Unternehmen in Schwierigkeiten in einer willkürlichen Förderrichtlinie sich an die EU-Definition angelehnt bzw. diese zu 100 % widerspiegelt. In einigen Fällen gibt es jedoch Abweichungen. So wie bei der BAFA-Beratungsförderung in Bezug auf Unternehmen in Schwierigkeiten.

 

Ich setze voraus, dass Sie die BAFA-Beratungsförderung in Grundzügen kennen, wenn nicht, sei Ihnen dieser Beitrag empfohlen.

 

Laut Nr. 21 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten werden Unternehmen während der ersten 3 Jahre nach Gründung als Neugründung betrachtet und nicht von dieser Leitlinie erfasst. Erst nach Ablauf der 3 Jahre kann ein neu gegründetes Unternehmen im Sinne der o.g. Leitlinie als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden.

 

Das BAFA weicht beim Begriff Unternehmen in Schwierigkeiten hiervon ab. Das Alter spielt zur Bestimmung des Status’ Unternehmen in Schwierigkeiten keine Rolle. So können ab dem ersten Tag nach Gründung Unternehmen in Schwierigkeiten geraten (vgl. Merkblatt Unternehmen in Schwierigkeiten des BAFA S. 3) So können auch Jungunternehmen innerhalb der ersten 2 Jahre nach Gründung als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden, insofern Sie voraussichtlich in naher Zukunft oder zum Zeitpunkt des Antrags die Voraussetzungen aus Kapitel 2 Nr. a) bzw. b) erfüllen.

 

Ein Nachweis oder eine Bestätigung über den Status als Unternehmen in Schwierigkeiten ist für den BAFA-Beratungsbericht nur auf Anfrage, in der Regel im Rahmen von vor-Ort Kontrollen, notwendig. Das Beratungsunternehmen muss eine kurze Rechnung aufstellen und eine Erläuterung hinzufügen, dass das antragstellende Unternehmen diesen Status aktuell oder in naher Zukunft erfüllt.

 

Das Ziel der Beratung von Unternehmen in Schwierigkeiten im Zuge der Beratungsförderung ist die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens. In diesem Zusammenhang sollten das Beratungsunternehmen eine positive Fortführungsprognose abgeben und untermauern können. Wird keine positive Fortführungsprognose erteilt, steht der Zweck der Beratung infrage und der Eindruck entsteht, dass das Beratungsunternehmen nur die 2.700 EUR Zuschuss zum Beratungshonorar mitnehmen wollte, bevor der Kunde Insolvenz anmeldet.

Autorenprofil & Haftungsausschluss

Dieser Beitrag wurde von Alexander Thiem, Fördermittelberater und Geschäftsführer der DigitalCore Products & Consulting Limited, geschrieben.

 

Die vorstehende Information ersetzt keine professionelle Beratung oder Betreuung und stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Es kann insbesondere eine Anpassung für den Einzelfall oder aufgrund anderer Umstände, z.B. wegen inzwischen geänderter Rahmenbedingungen notwendig sein. Eine Verwendung der Informationen geschieht auf eigene Verantwortung des Nutzers. Gerne stehen wir Ihnen für eine professionelle Beratung bei Bedarf zur Seite.

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